POMMES-FRITES UND KALTE COLA
Die Aussicht vom Empire State Building haben Sie schon vor vielen Jahren genossen? Den Grand Canyon haben Sie ebenfalls schon erkundet, Sonnenuntergänge am Nordkap beobachtet oder eine Safari in Afrika gebucht. Selbst ein Tauchausflug im Roten Meer oder eine Trekkingtour durch Nepal findet sich in Ihren Reiseaufzeichnungen.
Es ist noch nicht lange her. da waren das noch Abenteuerreisen. für die man relativ viel Geld benötigte und manchmal auch etwas Mut. Heute findet man diese ehemals . seltenen Touren zuhauf bei fast jedem Reiseveranstalter oder in den Prospekten von Lebensmittelmärkten. In den ehemals exotischen Ländern trifft man ganze Legionen fotografierender Touristen aus aller Welt. An jeder Straßenecke gibt es die immer gleichen. weltweit austauschbaren Souvenirs und als - Universalgericht Pommes-Frites mit einer kalten Cola. Reiseziele, die vom Tourismus noch weitgehend unberührt sind, werden immer rarer. Ganz zu schweigen von den daraus resultierenden Umweltbelastungen und der Bilanz des ökologischen Fußabdrucks.
Vielleicht musste auch ich erst bis Alaska und Hawaii vordringen, um zu erkennen, wie einmalig und schön unser Planet auch in der näheren Umgebung ist. Das Gehen in den heimischen Bergen lädt zum Nachdenken und Reflektieren ein — auch über großen Lebensfragen oder die derzeit omnipräsenten Themen wie Bürgerkriege und Flüchtlingsdramen oder Klima-, Wirtschafts- und Finanzkrisen.
Dabei sind wir alle Zeugen des größten Beweissicherungsverfahrens der Menschheitsgeschichte. Wachsende Berge von wissenschaftlichen Fakten beschreiben das erhebliche Schadensausmaß, das Homo Sapiens, also der „besonders kluge, weise und vorausschauende Mensch“ dieser Erde, ihren Lebewesen und sich selbst schon zugefügt hat. Nur noch sehr selten sind Fachwissen und politisches Handeln mit moralisch-ethischem Denken verbunden.
Forderungen nach noch mehr Forschung und Analyse über noch mehr Ursachen geraten immer mehr zum Vorwand, hinter dem die Geschäfte, oftmals auch Verbrechen der Finanzindustrie, Ausbeutung und Zerstörung ungestört fortschreiten. Die Politik wird leider immer mehr von der Wirtschaft bestimmt, die Wirtschaft vom raschen und maximalen Profit derer, die kaum noch Moral kennen und auch die Verantwortung für zukünftige Generationen vermissen lassen. „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral!" hat Bertold Brecht einst effektvoll einer Bourgeoisie entgegengeschleudert, die vom hohen Ross materieller Wohlsituiertheit den niederen Schichten Moral predigen wollte. Obwohl dieses Zitat fast 90 Jahre alt ist - es könnte von heute sein.
Heute lebt der Großteil von uns in einer müden saturierten Gesellschaft. Global gesehen sind die Bewohner der reichen Industriestaaten eine Minderheit, deren Wohlstand zu Lasten von Milliarden armer Menschen geht. Dabei sollte Solidarität mit den Armen in unserer Welt des materiellen Reichtums selbstverständlich sein. Doch es scheint, dass sich unsere globalisierte Welt aller menschlichen Solidarität und humanitären Regeln entledigt hat. Während die europäische und amerikanische Welt langsam aber sicher verfettet, leiden 1 Milliarde Menschen Hunger. Wir kaufen Tablets, Fernseher oder Autos, doch wissenschaftliche Studien zeigen, dass wachsender Wohlstand und Konsum nicht die persönliche Zufriedenheit steigern. Es steht mir nicht zu den moralischen Zeigefinger zu erheben, doch vielleicht sollten wir unsere Haltung gegenüber dem Konsum neu überdenken und dem Kampf gegen die Armut Priorität einräumen.
Einer, der diese ganze tragische Entwicklung vorhergesehen hat und auf den Punkt brachte, war der 1948 ermordete indische Anwalt, Pazifist und Freiheitskämpfer, Mahatma Gandhi. „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier", so sein klarer und treffender Befund zur Lage der Welt.
Er hatte aber auch einen Ratschlag für all jene, die sich eine bessere und gerechtere Welt wünschen: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt."